Spätschichten an den Fastensonntagen haben wir in diesem Jahr zum ersten Mal in unserer Gemeinde angeboten. Sie standen unter dem Motto: „Wie zahlreich sind Gottes Werke. Mit Weisheit hat er sie alle gemacht“. Als Leitfaden diente uns der berühmte Sonnengesang des heiligen Franz von Assisi.
Am 14. Februar, am Valentinstag, trafen wir uns zum ersten Mal im „Alfred-Delp-Zimmer“ unseres Gemeindehauses. Nach einer kurzen Biografie des heiligen Franziskus, vorgetragen von mir, eröffnete Sabine Krämer unsere kleine Andacht, die wir dem Thema „Gesichter der Schöpfung“ gewidmet hatten. Das Bild „Sonnengesang von Franz von Assisi“, gemalt von dem schwäbischen Pfarrer und Maler Sieger Köder diente als Grundlage für unsere Meditation und die anschließende Austauschrunde. Mit der Frage: „Welche Bedeutung hat es für unser konkretes Leben, dass die Geschöpfe ein geschwisterliches Antlitz tragen?“ gingen wir an diesem ersten Abend nachdenklich nach Hause.
Der zweite Abend war der Sonne, von Franziskus liebevoll „Herr“ und „Bruder“ genannt, gewidmet. Ein schönes Bild für Gott. Wie die Sonne strahlt, wie sie Licht bringt und Wärme schenkt, so bringt auch Gott Licht und Wärme.
„Kostbar und schön“ sind Mond und Sterne. Diese Schönheit am Firmament war Thema unseres dritten Beisammensein.
Nachdem wir uns an den ersten drei Abenden mit den Geschöpfen des Himmels befassten, wandten wir uns an den folgenden Abenden den Urelementen der Erde zu. Am vierten Abend begleitete uns „Schwester Wasser“; am fünften Abend „Bruder Feuer“. Wir haben nach unserer Feuerstelle gesucht, überlegt, für was wir brennen, für was wir Feuer und Flamme sind.
In der sechsten Spätschicht nahmen wir uns gemeinsam mit Franz von Assisi dem Geschenk der „Mutter Erde“ an. Einzig die Erde bezeichnet Franziskus in seinem Lied mit „Mutter“. Sie ist nicht wie die anderen Geschöpfe des Sonnengesangs „nur“ geschwisterlich mit uns verbunden. Ihr weist er eine besondere Stellung zu. Sie ist unsere Mutter.
Der Sonnengesang ist ein Plädoyer für einen liebevollen Umgang mit jedem Leben. Das heißt aber nicht, dass wir Menschen jetzt zu Vegetariern mutieren müssen. Franz von Assisi war auch keiner. Er hat Fleisch gegessen, wenn er irgendwo zu Gast war und ihm Fleisch angeboten wurde. Maßstab war für ihn das Evangelium und darin heißt es: „Esst, was die Menschen euch anbieten.“ In diesem Sinne haben wir dann auch diese Spätschicht ausklingen lassen. Ein schöner Abend, der unserer gemeinsamen Zeit eine besondere Note gab.
Eigentlich wäre an diesem Sonntagabend unser Blick auf Gottes Schöpfung beendetet gewesen. Von den Gruppenteilnehmern kam jedoch der Wunsch sich am Karfreitag noch einmal zu treffen. Ein guter Gedanke, da die Liebe zu jedem Wesen ja nicht verbietet auch die Sterblichkeit zu gestalten. So setzten wir uns am Karfreitag kurz entschlossen mit „Schwester Tod“ auseinander. Dabei stellten wir fest, dass die „Todesstrophe“ des Sonnengesangs mehr als nur die Vergänglichkeit verkörpert, dass es eine Schöpfung hinter der Schöpfung gibt – eine neue Schöpfung; dass das Kreuz des Karfreitags noch nicht das Ende ist, es einen Weg vom Kreuz zum Leben gibt: OSTERN!
Mit dieser Hoffnung im Herzen gingen wir gemeinsam in die Kirche und nahmen an der Trauermette teil.
Für Sabine und mich waren diese sechs Wochen eine aufregende aber auch ein spannende und bereichernde Zeit. Allen, die sich mit uns auf diesen Weg eingelassen haben danken wir von Herzen. Ganz besonders danken wir Franziska Krämer für den von ihr stets stimmungsvoll vorgetragenen Sonnengesang. Ein weiterer Dank geht an unsere beiden Walter für die Bedienung der Technik und die Arbeit im Hintergrund.